Dezember 2003

031205

ENERGIE-CHRONIK


Framatome und Siemens bauen ersten "Europäischen Druckwasserreaktor" in Finnland

Das französische Nuklearunternehmen Framatome ANP und Siemens haben den Auftrag für den Bau eines neuen Kernkraftwerks in Finnland erhalten. Sie verwirklichen damit zum ersten Mal das Projekt des "Europäischen Druckwasserreaktors" bzw. "European Pressurized Water Reactor" (EPR), an dessen Entwicklung sie seit Anfang der neunziger Jahre arbeiten (920103). Die Lieferverträge mit dem finnischen Energieversorger Teollisuuden Voima Oy (TVO) wurden am 18. Dezember unterzeichnet. Der Reaktor am Standort Olkiluoto in Westfinnland wird eine Leistung von 1600 MW haben und rund drei Milliarden Euro kosten. Die Inbetriebnahme soll 2009 erfolgen. Framatome errichtet den nuklearen Teil der Anlage, während Siemens die konventionelle Kraftwerkstechnik mit Dampfturbine, Generator, elektromechanischer Ausrüstung und Leittechnik liefert. Die Framatome ANP gehört zu 66 Prozent der französischen Nuklear-Holding Areva (010916) und zu 34 Prozent der Siemens AG, die Anfang 2001 ihr Nukleargeschäft in den neuen Weltmarktführer bei Kernkraftwerken eingebracht hat (010215).

Die Regierung und das Parlament in Helsinki hatten 2002 den Bau eines fünften Kernkraftwerks gebilligt. "Mit der ersten Auftragsvergabe ebnet Finnland den Weg für weitere Projekte", erklärte Siemens-Vorstandsmitglied Uriel Sharef. "Siemens erwartet, daß das finnische Beispiel auch in anderen Ländern Schule machen wird."

Vermutlich wird der nächste Bau eines EPR in Frankreich folgen. Der EPR ist so konzipiert, daß es möglich sein soll, selbst schwere Störfälle mit Kernschmelzen zu beherrschen. Damit entspricht er den diesbezüglich 1994 verschärften Anforderungen des alten Atomgesetzes ( 940401). Speziell auf den EPR zugeschnitten war eine weitere Änderung des Atomrechts, die 1997 ein standortunabhängiges Prüfverfahren einführte ( 971103). Seit April 2002 verbietet das neugefaßte Atomgesetz ( 020404) die Erteilung neuer Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb von Kernkraftwerken.

Zunächst hatte Siemens die Gewährung einer staatlichen Hermes-Bürgschaft für das geplante Kraftwerksgeschäft beantragt, vor dem Hintergrund des Streits um den Verkauf der Hanauer Brennelementefabrik an China aber wieder zurückgezogen (siehe 031201).