September 2009

090909

ENERGIE-CHRONIK


Heftiger Streit um dreijährige Verzögerung beim Bau des ersten EPR

Der finnische Energieversorger TVO und der französische Atomkonzern Areva geben sich gegenseitig die Schuld an den enormen Verzögerungen beim Bau des ersten Reaktors vom Typ EPR am finnischen Standort Olkiluoto. Mittlerweile wird das Kernkraftwerk, das eigentlich schon im Mai 2009 vollendet sein sollte, erst im Juni 2012 in Betrieb gehen können. Beide Seiten haben sich vor der Internationalen Handelskammer auf Schadenersatz verklagt, wobei Areva/Siemens eine Milliarde Euro und TVO 1,4 Milliarden Euro verlangt.

Am 31. August drohte Areva sogar mit einem Baustopp, falls TVO nicht neue Regeln für Arbeit, Fristen und Kosten akzeptiere. Die entsprechende Passage im Halbjahresbericht 2009 fand in den Medien allerdings mehr Beachtung, als Areva selber lieb war, denn sechs Tage später beeilte sich der Konzern mit der Mitteilung, daß die Bauarbeiten in Olkiluoto mit dem Aufsetzen der Reaktorkuppel planmäßig weitergegangen seien.

Siemens-Leittechnik kann von Areva weiter benutzt werden

Als der Vertrag über den Bau des ersten EPR in Finnland abgeschlossen wurde, war Siemens noch der Juniorpartner des französischen Staatskonzerns (031205). Außer konventioneller Kraftwerkstechnik liefert Siemens für den finnischen EPR auch die umstrittene digitale Leittechnik Teleperm XS, die nach Ansicht von Kernkraftkritikern unsicherer ist als die alten analogen Sicherheitssysteme (041006). Inzwischen will Siemens die Beteiligung an Areva auflösen (090104) und sich stattdessen mit der russischen Atomwirtschaft verbünden (090202). Areva hat für die Abfindung von Siemens bereits gut zwei Milliarden Euro eingeplant. Wie der französische Staatskonzern am 31. August mitteilte, wurde mit Siemens aber ein neuer langfristiger Vertrag abgeschlossen, der die weitere Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Leittechnik für den EPR sichere.

Finnen werfen Areva mangelnde Baureife des EPR vor

"Sie haben den EPR verkauft und erst hinterher mit der Ausarbeitung der genauen Baupläne begonnen." Diesen Vorwurf erhob der Vizepräsident des finnischen Energieversorgers TVO, Timo Rajala, in einem Interview mit der französischen Wirtschaftszeitung "Les Echos" (24.9.) Hier liege auch der wahre Grund für die Verzögerungen beim Bau des Reaktors in Olkiluoto, die Areva den Finnen anzulasten versucht. Die finnische Seite habe ihre Zusage, die erforderlichen Dokumente binnen zwei Monaten zu prüfen, im wesentlichen eingehalten. Die von Areva eingereichten Unterlagen seien aber unvollständig und von schlechter Qualität. Die Nachbesserung dauere oft etliche Monate. Bis zur Genehmigung durch die finnische Atomaufsicht STUK vergehe deshalb insgesamt weit mehr Zeit als vorgesehen.

Von dem angeblich drohenden Baustopp in Olkiluoto habe TVO erst aus den Medien erfahren, sagte Rajala weiter. Er nehme an, daß sich diese Ankündigung an die französische Öffentlichkeit gerichtet habe, nicht an TVO. Wenig später habe Areva intern versichert, daß kein Baustopp beabsichtigt sei. Im übrigen würde sich Areva damit nur selber schaden. Schließlich sei der EPR ihr "Schaustück".

Probleme gibt es nach den Worten Rajalas auch bei der Leittechnik für den EPR. Hier seien noch Detailarbeiten erforderlich. Areva wolle sicherstellen, daß die Leittechnik des finnischen EPR genauso bei den geplanten Reaktoren in Frankreich (090105) und Großbritannien (080903) funktioniert. Die Franzosen hätten versichert, daß es sich um keine ernsthaften Probleme handele und dadurch keine zusätzlichen Verzögerungen einträten. "Wir hoffen, daß dies wahr ist", sagte Rajala.

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