PresseBLICK-Rezensionen "Elektrosmog"

Nur bei EMV auf sicherem Boden

Ulrich Freyer

Elektrosmog erkennen und beseitigen

109 Seiten, DM 24.80, Franzis Verlag, München 1998, ISBN 3-7723-6833-6

Man könnte meinen, das Thema Elektrosmog sei allmählich ausgelutscht. In der Tat findet man selten eine Publikation, die neue oder wenigstens originelle Aspekte bietet. Noch seltener findet man Publikationen, die sich wirklich guten Gewissens empfehlen lassen, wie das im Vormonat besprochene Buch "Machen elektromagnetische Felder krank?" von Norbert Leitgeb.

"Bücher und sonstige Veröffentlichungen zum Thema Elektrosmog gibt es bereits in großer Zahl." Mit dieser Feststellung beginnt auch Ulrich Freyer sein vorliegendes Buch zum Thema "Elektrosmog erkennen und beseitigen". Daran knüpft er die rhetorische Frage: "Warum nun also noch ein weiteres Buch?"

Die Antwort - man hätte sie sich fast denken können - läuft auf das Schließen einer Lücke hinaus: Die bisherigen Veröffentlichungen seien für den Normalverbraucher meistens keine echte Hilfe. Zum einen würden viele Werke erhebliches Fachwissen an Mathematik und Physik voraussetzen, wobei "nicht immer Lösungen für die Praxis abgeleitet werden" könnten. Andere Werke wiederum seien "eher mehr ideologisch angelegt, wobei der Elektrosmog unter Bezug auf Vermutungen über schädliche Wirkungen grundsätzlich verdammt wird".

Das Buch wird über den Katalog des Elektronik-Versenders Conrad einem relativ breiten Publikum angeboten. Erschienen ist es im Franzis-Verlag, der vor allem Funktechnikern seit Jahrzehnten als Fachverlag für Elektronik-Literatur bekannt ist. Dieses verlagsmäßige Umfeld berechtigt zu der Hoffnung, endlich mal wieder einen Ratgeber von der besseren Sorte vor sich zu haben, der die Sachverhalte in korrekter Weise darlegt.

Hinter dem Titel "Elektrosmog erkennen und beseitigen" verbirgt sich denn auch zum großen Teil - praktisch handelt es sich um die ganze zweite Hälfte des Buches - eine allgemeinverständliche Einführung in die Problematik der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV), wie ihr jedermann im Alltag begegnen kann: Störeffekte bei Radios, bei Fernsehern, Audio-Anlagen, Video-Anlagen, Antennen, Kabel- oder Satellitenempfang, Computern, Kraftfahrzeug oder Haushaltsgeräten. Zum Beispiel erfährt der Leser hier, dass eine Störung im Fernsehbild durch das Schnurlos-Telefon im Zimmer nebenan verursacht sein kann - wobei dann das Problem der mangelnden elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) ebenso an der zu hohen elektromagnetische Aussendung (EMA) des Schnurlos-Telefons liegen könnte wie am mangelnden Schutz des Fernsehgeräts gegen elektromagnetische Beeinflussung (EMB).

Eindeutige Schwächen hat das Buch dagegen im ersten Teil, wo es um die mutmaßlichen Risiken von Feldern für biologische Systeme geht. Der Verfasser macht es sich hier insofern einfach, als er eine ganze Latte "nicht-thermischer" Wirkungen von Feldern einfach als gegeben oder wenigstens als halbwegs erwiesen unterstellt. Diese "Horrorliste", wie er sie selber ironisch bezeichnet, reicht von Kopfschmerzen über Depressionen, Ohrgeräusche und Potenzstörungen bis zu Rheuma und Krebs. In Wirklichkeit gibt es aber bisher keine Beweise oder auch nur belastbare Hinweise für derartige Zusammenhänge. Der Verfasser behauptet dies übrigens auch nicht explizit. Seine diesbezüglichen Ausführungen sind von bemerkenswerter Verschwommenheit. Zum Beispiel schreibt er: "Es gibt zahlreiche Beschwerden, deren Ursache auch auf die Einwirkung von Wechselfeldern zurückgeführt wird." Und schon folgt die erwähnte Horror-Liste. Der Satz ist insoweit nicht falsch, als es tatsächlich irgendwelche Leute gibt, die einen Zusammenhang zwischen Wechselfeldern und den aufgelisteten Beschwerden behaupten. Er führt aber insoweit in die Irre, als er beim unbefangenen Leser den Eindruck erwecken muß, als würden hier die Ergebnisse seriöser Forschung zusammengefaßt.

Fazit: Soweit der Verfasser als Elektrotechniker schreibt, ist sein Buch recht brauchbar. Es bietet eine knappe und dennoch umfassende, von fachwissenschaftlichem Ballast befreite Einführung in die Problematik der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV). Sobald es aber um die durch "Elektrosmog" angeblich drohenden Risiken geht, bietet sein Buch nicht mehr als Allgemeinplätze. Man merkt dann deutlich, dass der Verfasser, der sonst Bücher über Elektro- bzw. Funktechnik schreibt, sich hier nicht auf seinem eigentlichen Fachgebiet bewegt.

(PB August 2000/*leu)